26.06.2016

Insulin - wofür eigentlich?


Wozu braucht unser Körper eigentlich Insulin? - Dumme Frage, natürlich um den Blutzucker zu senken. Doch ist dies wirklich die Hauptsache? Die wichtigste Aufgabe von Insulin besteht darin, Energie zu speichern und wieder freizusetzen. Ohne diese Fähigkeit hätte die Menschheit nicht überlebt; denn all unsere Vorfahren mussten Hungerzeiten überstehen.

Das Verdauungssystem spaltet schon die nicht-süßen, komplexen Zuckermoleküle (Stärke) in Glukose auf, welche dann in die Blutbahn diffundiert. Die Bauchspeicheldrüse produziert daraufhin Insulin, welches einen Teil der Glukose zum sofortigen Verbrauch in die Zellen leitet und den Rest als Glykogen in der Leber und im Muskelgewebe speichert.

Unser Körper kann nur wenig Glykogen bevorraten, gerade einmal genug für einen Tag. Wenn der Glykogenspeicher gefüllt ist, der Blutzuckerspiegel steigt, wandeln die Leber Zucker in Fett um und transportiert es mit Hilfe von Insulin in die Fettzellen.

Insulin gehört zu den ersten Hormonen, welche in der Evolution der lebenden Organismen entstanden. Viele Hormone folgten später. Dies erklärt, dass Insulin eine Art Leithormon ist und eine Insulin-Stoffwechselstörung andere Hormonstörungen auslöst. Deswegen ist ein gesunder Insulin-Stoffwechsel so wichtig für eine gute Gesundheit. 

Eine der häufigsten und in ihren Auswirkungen stark unterschätzte Hormonstörung ist Hyperinsulinämie gepaart mit Insulinresistenz. Dies ist eine zu starke Insulinantwort auf Glukose und die Resistenz der Zellen gegenüber Insulin, welche Glukose in sie einschleusen will. Jede Zelle des Körpers wird mit jedem einzelnen Kontakt mit Insulin ein wenig resistenter. So ist Insulinresistenz Teil des natürlichen Alterungsprozesses und bei alten Menschen normal.

Gar nicht normal ist, dass immer mehr Jugendliche, Kinder, ja sogar Kleinkinder, eine starke Insulinresistenz und Hyperinsulinämie ausbilden. Dies liegt nicht an genetischen Veränderungen, auch nicht daran, dass die junge Generation auf der faulen Haut liegt und sich der Völlerei hingibt. Es liegt einzig und allein an einer viel zu zucker- und stärkereichen Ernährung, für welche fehlende Aufklärung und Unwissen der Eltern und das Überangebot an zuckerhaltigen Getränken und Fertigspeisen verantwortlich sind. 

Wenn eine werdende Mutter hauptsächlich zucker- und stärkereiche Speisen isst, sie schon Insulinresistenz entwickelt hat und deswegen ihr Insulinspiegel dauerhaft erhöht ist, entwickelt sich schon im ungeborenen Kind Insulinresistenz. So geht die Veranlagung zu Hyperinsulinämie-Insulinresistenz auf die nächste Generation über, ohne einen genetischen Ursprung zu haben. Diese Kinder haben ein sehr hohes Geburtsgewicht, neigen dann ihr Leben lang zu Übergewicht, kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes. Sogar noch schlimmer, wenn das ungeborene Kind ein Mädchen ist, bilden schon ihre Eier Insulinresistenz aus und es gibt die werdende Mutter die Veranlagung zu dieser Stoffwechselstörung an die Enkelgeneration weiter.

Insulin speichert nicht nur Zucker und transportiert nicht nur Fett, es bildet auch Muskelmasse und speichert Protein. Weniger bekannt ist, dass Insulin auch Magnesium speichert. Doch wenn unsere Zellen insulinresistent geworden sind, können sie Magnesium kaum mehr bevorraten und wir scheiden es mit dem Urin aus. Die Blutgefäße ziehen sich zusammen, der Blutdruck steigt. Hyperinsulinismus hält viel Kochsalz und Flüssigkeiten zurück, was den Blutdruck und das Risiko für Herzinsuffizienz erhöht.

Ein hoher Insulinspiegel ist ein sehr starker Stimulator des sympathischen Nervensystems. Welche Auswirkungen hat dies auf unser Herz? Jedenfalls keine guten. Eine solide medizinische Studie hat gezeigt, dass ein Herzinfarkt 2 bis 3 mal häufiger nach einem stark zucker- und stärkehaltigen Mahl auftritt und nicht nach einem fettreichen. Verständlich, da die gewaltige Insulinspitze nach dem kohlenhydratreichen Festmahl sofort den Sympathikus triggert, dadurch Krämpfe in den Arterien auslöst oder sie zusammenzieht. Nicht ohne Grund weiß der Volksmund: "es ist nichts schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen." Was zumindest in unserer Gesellschaft viele süße Speisen vermischt mit viel Fett heißt. Schon die Leckereien in der Adventszeit sind eine wahre Zucker-Fettorgie und Ostern eine Milchschokoladen-Orgie.

Unsere Zellen bilden Insulinresistenz aus, um sich vor den schädlichen Folgen von zu viel Insulin zu schützen. Sie schließen ganz einfach ihre Pforten. Tuen wir nicht genau dasselbe, wenn dauernder Straßenlärm gegen unsere Wohnung anbrandet? Türen und Fenster zu, ist die erste Reaktion. Genau so agieren unsere Zellen, wenn zu viel Insulin gegen sie anbrandet. Sie reagieren dabei wie Menschen: die Einen sofort, andere später und noch andere nie. Das Endothelium, die innere Auskleidung aller großen, kleinen und sehr kleinen Blutgefäße reagiert nie, weswegen ein ständig hoher Insulinspiegel großen Schaden in allen Blutgefäßen im gesamten Organismus anrichtet. Hyperinsulinismus ist deswegen die Ursache aller kardiovaskulären Erkrankungen.

Was passiert, wenn meine Bauchspeicheldrüse besonders tüchtig Insulin produziert? Meine Zellen werden immer resistenter, die einen schneller, die anderen langsamer. Meine Fettzellen eher langsamer, weswegen ich prächtig zunehme, bis ich kugelrund bin. Mein Blutzucker bleibt dank des hohen Insulinspiegels im Normalbereich. Doch irgendwann einmal schafft die Bauchspeicheldrüse nicht mehr, den immer größeren Insulinbedarf zu decken. Jetzt steigt der Blutzucker an, Typ-2-Diabetes manifestiert sich. 

Wäre es nicht besser, meine Bauchspeicheldrüse hätte schon früher die Überproduktion eingeschränkt? Dann hätte sich der Diabetes früher manifestiert, als ich noch rank und schlank war. Und tatsächlich geschieht dies bei etwa 40% der Typ-2-Diabetiker. Ja, vielleicht wäre es tatsächlich besser, vorausgesetzt man reagiert in dieser Situation richtig und stellt seine Ernährung radikal auf eine strikt zucker- und stärkearme  Kost um. Wir Menschen sind nicht auf Zucker aus der Nahrung angewiesen; denn eine gesunde Leber produziert die genau richtige Menge an Glukose aus den Fettreserven.

Unser Körper benötigt Eiweiß aus der Nahrung, doch nur 50-80 Gramm pro Tag, wenn wir nicht gerade körperliche Schwerstarbeit verrichten. Alles was darüber hinausgeht, wandelt die Leber in Zucker um.

Fett ist unsere beste Nahrungsquelle. Es erhöht den Insulinspiegel kaum und ist der ideale Energielieferant. Am liebsten verbrennt unser Körper Fette, die unseren eigenen ähnlich sind. Das sind Fette von artgerecht ernährten Tieren. Zum Beispiel Butter aus Rohmilch von Weidekühen, Fett von Weiderindern und Schafen, Schweine-, Enten- und Gänseschmalz, Eigelb von Freilandhühnern, fetter Wildfisch, Fischöl, Lebertran. Auch tropische Pflanzenfette, wie kaltgepresstes Kokosöl und Palmkernöl, tuen uns gut, ebenfalls das Öl in Nüssen und in Avocados, nicht zu vergessen kaltgepresstes Olivenöl und in kleineren Mengen frisch gepresstes Leinsamenöl. Industriell hergestellte, denaturierte Pflanzenöle und -fette, wozu auch Margarine gehört, sind dagegen Gift für unseren Organismus.

Kohlenhydrate tun uns gut, wenn ein großer Teil von ihnen Ballaststoffe sind. Dies gilt generell für über der Erde wachsende Gemüse, Salate und Kräuter, welche mit reichlich natürlichem Öl oder Fett angerichtet, lange sättigen und gut schmecken. Dagegen enthalten Wurzelgemüse, beispielsweise Kartoffeln, zu viel Stärke. Es heißt, dass Vollkornbrot viele Ballaststoffe enthalte und Diabetiker es deswegen unbedenklich verzehren können. Dies ist ein Irrtum. Industriell hergestelltes Vollkornbrot erhöht den Blutzucker- und Insulinspiegel fast genauso stark wie Weißbrot, weil die heutigen Mehle derart fein gemahlen sind, dass ihre schnelle Verdauung den Blutzucker- und Insulinspiegel sofort in schwindelerregende Höhen jagt.  

Insulinresistenz entsteht dann, wenn sich ständig viel Insulin im Blut befindet. Wenn wir dafür sorgen, dass nicht andauernd Insulin ausgeschüttet wird, indem wir lange Pausen zwischen den Mahlzeiten einhalten, verbessert sich unsere Insulinsensibilität. Maximal drei, besser nur zwei wohlschmeckende Mahlzeiten täglich, welche wir an einem gedeckten Tisch und in Ruhe zu uns nehmen, verbessern den Diabetes schon sehr deutlich. 

Intermittierendes Fasten, beispielsweise alle zwei oder drei Tage ein Fastentag, oder von Zeit zu Zeit eine Fastenkur von einer Woche oder länger können Wunder wirken.

Hält man sich an diese Maßnahmen, bestehen gute Chancen, dass ein tiefgreifender Gesundungsprozeß einsetzt. Vormals vom vielen Insulin unterdrückte Hormone entfalten wieder ihre gute Wirkung. Nicht selten baut sich Übergewicht ganz nebenbei ab.

Mit der Gesundung kommen Lebenskraft und Lebensfreude zurück, mit ihnen die Freude an Bewegung und bei etwas Glück auch andere Freuden. Der Mensch ist wieder Mensch und kein Patient. 



  

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